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Folgen der Pandemie in Nord und Süd

Um den Gesundheitszustand von Kindern ist es nach drei Jahren Pandemie nicht gut bestellt. In Kliniken fehlt es an personellen und finanziellen Ressourcen, um eine bedarfsgerechte Versorgung zu gewährleisten. Was ist hier und auch weltweit schiefgelaufen? Darüber sprachen wir mit dem Kinder- und Jugendmediziner Carsten Krüger.

Dr. Krüger, wie stark waren Kinder von Covid-Erkrankungen betroffen?

Das, was man befürchtet hat, ist nicht eingetreten in der Kinder- und Jugendmedizin. Wir haben natürlich kranke Kinder gesehen und sehen sie heute ab und zu noch. Auch bei uns in der Klinik haben wir schwere Komplikationen gesehen. Es gibt auch vereinzelte Todesfälle bei Kindern, aber die absoluten Zahlen liegen im niedrigen dreistelligen Bereich in Deutschland, also weit entfernt von irgendetwas, was in der Erwachsenenmedizin zu sehen ist. Somatische Effekte sieht man hauptsächlich bei Kindern mit schweren Erkrankungen anderer Art, also zum Beispiel bei denjenigen mit Krebserkrankungen, angeborenen Herzfehlern oder neurologischen Erkrankungen. Die Probleme für Kinder entstanden vielmehr aus den Folgen der Isolation und der Vorsichtsmaßnahmen.

Was haben sie beobachtet?

Eindeutig zu sehen sind die psychosozialen Folgen. Die Kinder- und Jugendpsychiater und Psychotherapeuten klagen jetzt schon darüber, dass sie quasi überrannt werden von den Patienten und ihren Familien und dessen nicht Herr werden. Und das wird sich viel stärker als im körperlichen Bereich über die nächsten Jahre und Jahrzehnte auswirken. Also die Folgen für die Kinder und Jugendlichen, die wir immer mit indirekten Folgen beschreiben, die sind wirklich sehr bedrückend.

Sprechen Sie über die Kindergesundheit auch im internationalen Kontext?

Wenn Sie in Länder des Südens gehen, nach Afrika, Asien oder Südamerika, ist der rein medizinische Bereich quasi zu vernachlässigen. Da spielt für die Kinder- und Jugendmedizin die Infektion und Pandemie biologisch oder medizinisch gesehen keine Rolle. Es gibt dort so viele andere Erkrankungen, die viel drängender sind. Das fängt bereits bei einer Nicht-Erkrankung an, nämlich bei dem Problem der Unterernährung und Fehlernährung. Das sind Probleme, die die Menschen viel mehr umtreiben.

Wo wurden Probleme verursacht?

Die Katastrophe im Medizinbereich bestand darin, dass massenhaft Ressourcen aus der Kinder- und Jugend-Versorgung abgezogen worden sind und die gesamte Nachschub-Organisation nicht mehr funktioniert hat, weil die internationalen Lieferketten zusammengebrochen sind. Impfprogramme, die Neugeborenen-Versorgung oder die Versorgung von Schwangeren bei der Geburt sind dadurch massiv beeinträchtigt gewesen. Und im Gegensatz zu den Industriestaaten, die Sicherungssysteme einbauen konnten, saßen viele Menschen in anderen Ländern buchstäblich auf der Straße und wussten nicht, wie sie den nächsten Tag das Essen besorgen sollten.

Welche Entwicklungen sehen Sie kritisch?

Der Grad an Hunger und Unterernährung, wovon hauptsächlich Kinder, Jugendliche und Frauen betroffen sind, hat massiv zugenommen und ist kausal mit den Folgen der Pandemie in Verbindung zu bringen. Zum Beispiel hat die mangelnde Schulbildung bei über 400 Millionen Kindern bewirkt, dass sie diese eine warme Mahlzeit am Tag nicht mehr bekommen. Die Covid-Folgen für die Kinder und die Gesundheit sind direkt vernachlässigbar, aber indirekt sind sie katastrophal.

Inwieweit waren schwangere Frauen von den Einschränkungen betroffen?

Jeden Tag werden Kinder geboren und trotz dessen, dass man bei den Geburten keine Pause machen kann, ist es in Ländern des Südens aufgrund fehlender eigener Schutzmöglichkeiten passiert, dass in diesem Bereich nicht gearbeitet wurde. Ich kann aus erster Hand berichten, dass zum Beispiel in Malawi Frauen und deren zu gebärende Kinder bzw. Neugeborenen zu Schaden und auch letztlich zu Tode gekommen sind, weil die Versorgung zusammengebrochen ist.

Was müsste getan werden, damit die Gesundheit von Kindern auch in Krisenzeiten nicht zu kurz kommt?

Im europäischen Kontext muss sich auf gesundheitspolitischer und gesellschaftlicher Ebene ganz klar die Wahrnehmung dahingehend ändern, dass Kinder und Jugendliche immer an vorderster Stelle mit bedacht werden müssen, weil sie eben diejenigen sind, die neben alten Menschen die stärkste Vulnerabilität aufweisen. Heißt, man muss gezielt intervenieren und beispielsweise genug finanzielle Mittel, Personal und Ausstattung für Gesundheit, Bildung und gesunde Ernährung zur Verfügung stellen. Das bedeutet, wir müssen die sozialen Determinanten von Gesundheit viel mehr in den Blick nehmen und gerade auch die Randgruppen unserer Gesellschaft einbeziehen. Es wird nämlich häufig übersehen, dass wir unsere Programme sehr stark an der zentralen Großgruppe unserer Gesellschaft ausrichten, aber die Randgruppen, die sowieso schon Schwierigkeiten haben mitzukommen, vergessen.

Und was müsste international passieren?

Im globalen Kontext ist die Sache noch viel, viel problematischer. Für mich wäre schon viel erreicht, wenn wir eine soziale Grundsicherung hätten, die auch eine Krankenversicherung einschließt. Also dass Behandlungen von Kindern und Jugendlichen nicht dazu führen, dass deren Familien in bitterste Armut abrutschen. Wenn wir viel mehr in Gesundheitsbereiche investieren, sprich Personal verstärkt ausbilden, aber auch die Gesundheitssysteme strukturell verbessern, also dass wirklich funktionierende Gesundheitseinrichtungen vorhanden sind, dass die Ausrüstung vorhanden ist, dass auch die Überweisungen funktionieren und dergleichen mehr. Ich denke, nur so kommen wir da weiter, denn wir werden immer wieder mit Epidemien und Pandemien befasst sein.

In punkto Risikokommunikation, was wären da Ihre Wünsche?

In Deutschland haben wir uns ziemlich weit von sachlicher Diskussion entfernt und das ist leider auch in der Gesundheitskommunikation von Seiten der offiziellen Stellen teilweise nachzuvollziehen und zu sehen. Das trägt nicht dazu bei, den Leuten mehr Vertrauen zu geben. Ich kann nicht ständig vor irgendwelchen Katastrophen warnen, wenn die zweimal nicht eingetreten sind. Beim dritten Mal sagen die Leute „das interessiert mich nicht mehr.“ Man muss ganz anders kommunizieren und die Leute mitnehmen. Und man muss auch positive Botschaften aussenden, nicht nur immer die negativen Botschaften. Ich glaube, das ist gerade in Deutschland nicht gut gelungen. Wir neigen in den letzten Jahren dazu, das Kind mit dem Bade auszuschütten, entweder zu verharmlosen oder zur Katastrophe aufzubauschen.

Ich würde mir wünschen, dass auf nationaler und internationaler Ebene ehrlich kommuniziert würde und dass auch ehrlich geantwortet würde. Zum Beispiel „wir akzeptieren zum Zeitpunkt X, dass bestimmte Dinge nicht bekannt sind oder nicht voraussagbar sind“ und dann unterhalten wir uns in vier Wochen nochmal, ob wir neue Erkenntnisse haben. Das ist diese Sachlichkeit, die leider verloren gegangen ist.

Wie gehen Sie in Ihrem beruflichen Alltag mit diesem Problem um?

Man muss versuchen, die Menschen bei dieser Arbeit im medizinischen Bereich mitzunehmen und ihnen zu zeigen, dass es zwar ein neuartiger Erreger ist, aber dass man damit auch umgehen kann. Sprich, man lernt, sich so zu verhalten, dass man sich keinem ungebührlich hohen Risiko aussetzt. Und dazu gehört ehrlich gesagt auch die Eigenverantwortung des Einzelnen, sich impfen zu lassen.

Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist die Kommunikation mit den Eltern und Schwangeren. Diese ist in den letzten drei Jahren schwieriger und auch aggressiver geworden. Wir haben leider feststellen müssen, dass das Verständnis für den Gegenüber nicht mehr so vorhanden ist. Bei vielen Maßgaben, die uns vom Gesetzgeber vorgegeben sind, erleben wir zunehmend, dass darauf mit weniger Verständnis reagiert wird. Zum Beispiel, was das Testen betrifft. Die Kommunikation ist insgesamt schwieriger und auch langwieriger geworden.

Was ist Ihnen noch wichtig, wenn es um die globale Sicht auf die Pandemie geht?

Mir wäre wichtig, dass begriffen wird, dass diese Erkrankung eine zusätzliche Erkrankung ist, die jetzt in der Menschheit existiert und die wir auch nicht wieder loswerden werden, auch durch Impfungen nicht. Jedenfalls nicht mit den Impfstoffen, die wir haben. Aber wir haben einige Möglichkeiten, damit sinnvoll und gut umzugehen. Wir müssen wieder zu einer gewissen Normalität zurückfinden, weil nämlich unser Handeln massive Auswirkungen auch auf das Leben vieler, vieler Milliarden Menschen auf der Welt hat. Weniger im Gesundheitsbereich, sondern einfach durch die Auswirkungen auf die globalen Verflechtungen.

 

Dieses in Auszügen abgedruckte Gespräch führte Diana Wiesner. In Kürze können Sie es als Podcast hören:

https://bukopharma.de/mutter-kind-gesundheit-feb

Artikel aus dem Pharma-Brief 10/2022, S.3

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